Daumenschrauben | Ich schreibe diesen Text mit verbundenen Daumen, weil sie mal wieder so sehr schmerzen, dass mir alternativ zum Verbinden nur in die Tischkante beißen einfiele. Das lasse ich aber, denn im Gegensatz zu der Sache mit der Tischkante, bringen die mit Penaten-Creme verkleisterten Pflaster wenigstens Linderung, wenn schon keine Heilung. Mein Name ist Melanie und ich habe eingerissen Fingerkuppen – aktuell an drei von zehn Fingern. Ich habe das seit ein paar Jahren ständig zu dieser Jahreszeit, was mein Verhältnis zum Winter nicht unbedingt entstören würde.
Wochenabschluss | Schon ist das Ende der ersten vollen Arbeitswoche im neuen Job gekommen. Eine gleichermaßen verwirrend und erkenntnisreiche Woche war das und ich konnte auch außerhalb des Teams schon die ersten schönen Kontakte knüpfen. Das ist ein ganz außergewöhnlicher Ort, an dem ich jetzt arbeite, ein Ort, an dem man zu glauben beginnt, dass alles machbar ist, was sich mit den Naturgesetzen in Einklang bringen lässt. Es ist ein Ort der Möglichkeiten, kein Ort der Limitationen. Es gibt hier keine halb leeren Gläser. Auch ist es ein analoger Ort, an dem es um Maschinen und Werkzeuge, Materialien und Räume, Tüfteln und Erfinden, aber auch Bauen und Konstruieren geht. Oft beobachte ich wie Menschen, die den ganzen Tag im MakerSpace an irgendetwas rumwerkeln, abends beseelt und lächelnd das Haus verlassen. Ich sehe gerne Menschen dabei zu wie sie beseelt und zufrieden sind, denn ein bisschen vom Glück der anderen bleibt dadurch auch immer bei mir hängen.
Bis zum Ende | Alexandra hat auf Facebook einen Artikel geteilt, der mich sehr berührt und auch beschäftigt hat. Es geht um ein älteres Ehepaar in der Schweiz, das sich entschieden hat, mit der Hilfe von Exit gemeinsam aus dem Leben zu gehen. Und darum, wie die Familie – der Autor des Textes ist der Sohn – mit dieser Entscheidung umgeht. Aber es geht auch um Selbstbestimmtheit, um Liebe und darum, wie wichtig es ist dem Menschen seine Würde nicht zu nehmen.
Country girl | Wenn ich in anderen Teilen des Landes oder der Welt gefragt werde, wo ich wohne, dann sage ich eigentlich immer “in München”, weil alles andere immer zu kompliziert zu erklären ist. Tatsache ist aber, dass ich mit dem neuen Job in Garching, im normalen Alltag eigentlich gar keine Berührungspunkte mehr mit der Stadt habe. Ich will nicht sagen, dass ich das Leben oder Arbeiten in der Stadt exzessiv für städtische Aktivitäten genutzt hätte und ich will auch nicht verschweigen, dass wir hier eine S-Bahn-Verbindung haben, die mich in nur zwölf Minuten zum Ostbahnhof bringt, aber es fühlt sich einfach anders an, wenn plötzlich nicht mehr alle Optionen unmittelbar vor der Tür liegen. Alleine schon die Notwendigkeit ein Auto zu besitzen, verändert so Vieles. Ich bin in über zehn Jahren in München selbst nie Auto gefahren, sondern habe mir immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Füßen geholfen. Jetzt ist zur Ausnahme geworden, dass ich irgendwohin zu Fuß laufe und wenn ich arbeite, dann verbringe ich täglich anderthalb bis zwei Stunden im Auto. Nun ist es nicht so, dass ich dem Landleben nichts abgewinnen könnte: So viele Dinge sind hier so viel komfortabler und einfacher – insbesondere für Familien. Aber das junge, wilde und freiheitsliebende (jajaja!) Ding in mir hätte manchmal gerne mehr Auswahl bei der Freizeitgestaltung als nur Klangschalenmediation und Elternstammtisch. Auch wenn es am Ende doch ohnehin viel lieber zuhause bleibt.
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