Heimat | Vielleicht muss man mich ein bisschen besser kennen, um zu erkennen, wie skurril es ist, dass ich an Weiberfastnacht bereits mittags im Rheinland weile und dann statt zu schunkeln am Schreibtisch sitze und arbeite. Viele Jahre meines Lebens war Weiberfastnacht der höchste Feiertag des Jahres und daran denke ich nicht ohne Wehmut. Denn wenngleich es mir da unten im Süden wirklich an wenig mangelt und ich auch selten Heimweh habe, so machen mich die Karnevalstage jedes Jahr aufs Neue porös und melancholisch und auch ein bisschen wehleidig und überhaupt… Ob man als Nicht-Rheinländer überhaupt verstehen kann, dass ein paar “kölsche Tön” ausreichen, mich Sturzbäche heulen zu machen? Es ist kompliziert. Und zuhause.
Wörter| Heute hat die liebe Sylvia mir endlich mal wieder eine Wortfeud-Anfrage geschickt und ich kann Euch nicht sagen, wie glücklich mich das machte. Es war jüngst nämlich ausgesprochen ruhig geworden, im Wörterland, fast menschenleer.
“In Kürze erreichen wir Frankfurt am Main Flughafen. Das ist heute ihre letzte Chance, dem närrischen Treiben zu entfliehen.”
Kompromisse | Zwar verfügen wir in unserem karnevalistischen Haushalt inzwischen über eine nicht unansehnliche Kostümkiste, doch durften die Kinder sich in diesem Jahr jeweils ein neues Kostüm aussuchen. Der kleine Kleine Herr entschied sich für das Dinosaurier-Kostüm (bzw. setze es auf seine Shortlist), der große Kleine Herr geht als (amerikanischer) Polizist. Da ich nun aber eine ausgeprägte Schießeisenphobie habe, hat das Kostüm des jungen Mannes zwar ein Halfter, aber keine Füllung dafür. Kurz hatte ich überlegt, ob mir ein Gummiknüppel weniger waffig erschiene, aber beim Gedanken daran, damit eins übergebraten zu bekommen, hatte ich auch diese Eingebung schnell wieder verworfen. Als Kompromiss gab es schließlich Handschellen, das ist irgendwie passiver brutal, was ich gerade noch so hinzunehmen bereit bin. Schließlich will ich ja auch nicht, dass die anderen Kinder lachen, weil ein Frühstückspolizist vor ihnen steht.
Reisende | Morgen fahre ich bereits zum vierten Mal für zwei Tage nach Osnabrück und es werden noch fünf weitere Male folgen. Wie ulkig eigentlich, dass ich, wenn ich später auf mein Leben zurückschauen werde, in Summe so viele Wochenenden an Orten verbracht habe, zu denen ich einfach so nie gefahren wäre. Zwei Jahre lang Baden-Baden wegen des MBAs, ein Jahr lang Osnabrück für die Coaching-Ausbildung. Warum finde ich eigentlich nie was Passendes und Bezahlbares in New York, Rio oder Tokio? Das könnte man wenigstens noch zum Prahlen umnutzen.
Titelbild: Mikes Photos via Pexels.